Jede Woche liest man dieselben Schreckensmeldungen, wonach jemand ertrunken ist. Dabei spielt das Alter oftmals keine Rolle. Birgit Forrer von der Wasserrettung Liechtenstein über die Gewässer und ihre Gefahren.

An heissen Sommertagen lockt es viele Menschen ins Freibad, zum See oder an den Fluss. Allerdings wurden auch in diesem Sommer Gewässer wie der Walensee, der Rhein und weitere kleine Flüsse manchen Menschen zum Verhängnis. Laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) sterben in der Schweiz jährlich 30 Menschen beim Wassersport. Und auch die Statistik der Schweizer Rettungsschwimmer (SLRG) zeigt, dass im vergangenen Jahr 24 Menschen in einem See und 23 Menschen in einem Fluss ihr Leben verloren haben. 2018 waren es 16 Tote im See und 14 Tote in Flüssen. Gibt es eventuell auch Zahlen von Liechtenstein?

Birgit Forrer von der Wasserrettung Liechtenstein glaubt, dass sich die meisten Betroffenen selbst überschätzen: « Die Menschen schätzen sich selbst, aber auch die Natur falsch ein. Beispielsweise ist der Rhein das Gefährlichste überhaupt. Aber auch bei einem See weit hinauszuschwimmen, ist gefährlich. » Meist seien die Gewässer – gerade fliessende – zu kalt, um lange darin verweilen zu können. Und auch bei den Seen müsse man aufpassen, erklärt Forrer: «Man denkt, dass das Wasser auch noch dann warm ist, wenn man weit hinausschwimmt. Doch je weiter man schwimmt, desto kälter wird der See. Meist bekommt man dann Probleme mit der Atmung oder einen Krampf und dann wird es schwierig. Besonders wenn man weit vom Ufer entfernt ist und fast keine Kraft mehr hat.» Auch Forrer hatte beim Tauchen mit der Wasserrettung schon einmal einen Krampf. Mit Flossen an den Füssen sei man aber stark genug, um noch vorwärts zu kommen. Forrer weiss, dass ein Gewässer nicht tief sein muss, um gefährlich zu werden. Deshalb müssten auch gute Schwimmer aufpassen, denn die Natur sei nie zu unterschätzen, sagt Forrer: «Ob jung oder alt, ob guter oder unerfahrener Schwimmer: Kaltes Wasser und heisse Temperaturen können für Jeden gefährlich sein. Wenn man überhitzt ist und dann ins Wasser springt, kühlt sich der Körper so schnell ab, dass man einen Schock bekommt. So kann bei einem Kind oder einer erwachsenen Person die Atmung stocken. Das kann sogar einen Herzinfarkt auslösen.» Somit sei eine der wichtigsten Regeln, seinen Körper mit Wasser anzufeuchten, bevor es ins kühle Nass geht. Geraten Menschen in Not, gehe es meist schnell. Gerade in fliessenden Gewässern könne man sich selbst meist nicht mehr aus eigener Kraft retten. Und auch in einem See ist die Zeit, auf einen Notfall zu reagieren, nur knapp bemessen. Schnell werde die Person ohnmächtig und ertrinke.

«Lieber am Ufer entlang gehen»

Am sichersten sei es nach wie vor im Freibad. Einerseits kenne man dort für gewöhnlich das Gewässer,andererseits sind auch Bademeister vor Ort. Auch Seen wie der Walensee seien schön, um schwimmen zu gehen. Diesen dürfe man aber nicht unterschätzen. Darum rät Forrer: «Viele machen den Fehler, dass sie 20 bis 30 Meter hinausschwimmen und bei Müdigkeit fast nicht mehr zurückschwimmen können. Ich rate, nur zwei bis drei Meter hinaus und dann dem Ufer entlang zu schwimmen. Wird man also müde, kann man gut selbst zurück ans Ufer gelangen und durchatmen. » Zudem gäbe es auch aufblasbare Kissen, die man als Schwimmhilfe mitnehmen könne. Schwimmwesten findet Forrer dagegen für das reine Schwimmen übertrieben. Bei einem Ausflug mit dem Stand-Up-Paddle oder Schlauchboot sind sie allerdings sogar Pflicht. «Schwimmwesten sind in der Schweiz bei solchen Aktivitäten obligatorisch», erklärt Forrer. Was bei Ausflügen auch immer gern mitgenommen wird, ist eine Dose Bier oder ein Gläschen Aperol. Doch auch hiervon rät Forrer ab: «Mit Alkohol im Blut ins Wasser gehen, ist genauso gefährlich, wie sich mit Alkohol im Blut ans Steuer zu setzen. Man hat den Körper nicht mehr gleich gut unter Kontrolle. Deshalb ist klar, man sollte nicht alkoholisiert baden gehen.»

Diese Hinweise sollen die Menschen nicht vom Schwimmen abhalten, sondern dafür sorgen, dass weniger Badeunglücke geschehen. Denn auch private Pools und Bäder forderten schon Todesopfer. Obwohl die Zahlen deutlich tiefer sind (2018 waren es in der Schweiz zwei Todesopfer, 2019 ein Todesopfer) müssen «Bädeler» auch im Schwimmbad achtgegeben, erklärt Forrer: «Auch in einem Schwimmbad im eigenen oder im eigenen Garten kann sich eine Tragödie ereignen. Gerade mit kleinen Kindern muss man aufpassen. Darum rate ich, Leitern zu entfernen, wenn niemand mehr badet. Dazu gehört auch, das Becken abzudecken.» Auffallend ist laut Forrer auch, dass viele Menschen nicht mehr gut Schwimmen können: «Wer sich nicht sicher ist, dem empfehle ich einen Schwimmkurs. Heute sollte einem nichts peinlich sein. Wichtig ist, dass man Schwimmen kann und im Wasser sicher genug ist.»

Wie verhalte ich mich im Notfall richtig?

Wenn man im Wasser in Not kommt, sei es wichtig, dass man sich auch selbst zu helfen weiss. Bei einem Krampf oder Kreislaufproblemen rät Forrer: «Versuchen Sie sich erstmal zu sammeln und nach Möglichkeit ruhig zu bleiben. Denn alles andere raubt einem viel Energie. Im schlimmsten Fall können Sie nach Hilfe rufen. Fuchteln sie mit den Armen, sodass die Leute am Ufer erkennen können, woher der Notruf kommt.» Der Person am Ufer rät Forrer wiederum: «Je nachdem, wo der Zwischenfall passiert, kann ich vom Ufer aus einen Rettungsring zuwerfen. Im Fluss bietet sich beispielsweise ein Stock, ein langer Ast oder ein ähnlicher Gegenstand an. Auch sollte ich andere Personen, die sich in der Nähe befinden, informieren und um Mithilfe bitten. Dabei sollte ich nicht vergessen, einen Notruf abzusetzen.» Einfach leichtsinnig ins Wasser zu springen sei für den Retter selbst gefährlich. Hier empfiehlt Forrer: «Wenn ich ein guter Schwimmer bin und mir zutraue, die Person aus dem Wasser zu holen, schwimme ich nahe genug an die Person heran, bis sie erschöpft ist. Dann nähere ich mich möglichst von hinten, um zu verhindern, dass mich der Ertrinkende in seiner Todesangst umklammert und mich dann unter Wasser zieht. Während ich mich annähere, kann ich ihn vielleicht schon etwas beruhigen, um die Person im Anschluss im ‹Rückenschwumm› mit meiner Hand unter seinem Kinn ans Ufer zu schleppen. Welcher Griff der richtige ist, entscheidet jeder für sich – Hauptsache, beide kommen heil ans Ufer.»

Quelle: fritig.li (um)